Nach Überschwemmungen oder Hochwasser: Die Sanierung von Wasserschäden
Ist das Wasser verschwunden, treten die Schäden im, am und um das Gebäude erstmals offen zu Tage. Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, sollte man eine gründliche Inspektion des Grundstücks und des Hauses vornehmen. Dabei kann eine Checkliste helfen.
Checkliste zu Überschwemmungsschäden: Schaden schnell festgestellt
1. Schäden im Außenbereich
- Umfriedungsmauern abgesackt
- Gehwege zum Haus unterspült
- Terrasse unterspült
- Risse in der Terrasse
- Carport in sich verschoben (nicht mehr lotrecht)
2. Schäden am Haus
- freigespülte/unterspülte Fundamente
- freigespülte Außendämmung an Kellermauern
- beschädigte Außendämmung
- beschädigte Vertikalisolierung an Kellermauern
- vom Mauerwerk abgeklappte Vertikalisolierung
- abgerissene, undichte, verschlammte Fallrohre
- abgeplatzter Außenputz
- hohle Stellen im Außenputz
- Risse im Außenputz
- durchnässte Außenmauern
- abblätternde, rissige Anstriche
- durchfeuchtete Kerndämmung (zwischen Mauerwerk und Vormauerwerk)
- beschädigte Wärmeverbundsysteme (abgerissene Gitterputzträger oder Hartschaumplatten)
3. Schäden im Haus
- durch Wasserdruck gerissener, hochgedrückter Estrich
- zerstörte Isolierung des Kellerfußbodens (starke Rissbildung)
- durchnässte Innenwände, mürbe Fugen
- Risse im Innenputz (hohle Putzstellen)
- Risse im Innenmauerwerk
- Abgelöste Tapeten und Farbanstriche
- aufgequollene Wandpaneele (Wasserreste hinter Paneele)
- verquollene/verbogene abgehängte Kellerdecken
- beschädigte Leichtbauwände/Trennwände
- zerstörte, aufgeweichte Gipskartonplatten
- fleuchte Innendämmung der Ständerbauwände
- lockere, nach außen gedrückte Fliesen
- verquollene Holztreppen/ gewölbte Stufen
- aufgequollenes Parkett/feuchte Teppichböden
- beschädigte Türblätter /Türfüllungen/Türen
- beschädigte Fenster/Beschläge (Korrosionsgefahr)
- verschmutzte, feuchte Rollladenkästen
- feuchter Elektro-Hausanschluss/Zählerkasten
- feuchte Steckdosen/Schalter/Abzweigdosen (Korrosionsgefahr)
- feuchte Mess- und Regeltechnik an Heizungsanlagen
- verschmutzte Brenner und Düsen am Heizkessel
- verschlammte Kondensatgefäße an Schornsteinen
- verschlammte Grundleitungen/Abflüsse
- verschlammte Rückstauventile
Die Sanierung von Wasserschäden nach Überschwemmungen durch Starkregen oder Hochwasser an Gebäuden ist in der Regel sehr aufwendig. Oft steht der Hausbesitzer vor der Kernfrage: „Sanieren oder sanieren lassen? Was kann ich selbst sanieren, was darf ich überhaupt selbst sanieren und was soll ich Fachleuten überlassen?“ Eine kleine Hilfe kann die Liste „Sanieren oder sanieren lassen?“ sein.
„Sanieren oder sanieren lassen?“
Was jeder Hausbesitzer selbst tun kann:
- Tapeten und Farben abreißen oder abspachteln
- Fenster und Türen ausbauen
- Bodenfliesen herausreißen
- Parkett herausreißen
- Dielen und Holzfußböden herausreißen
- lockere und hohlklingende Innenputze abklopfen
- Innenanstriche anbringen
- Tapezieren
- Teppiche verlegen
Was ein einigermaßen versierter Heimwerker tun kann:
- Dielen und Holzfußböden verlegen
- Fertigparkett legen
- Wärmedämmung an Innenwänden und Kellerdecken anbringen
- Innenputz anbringen
- Bodenfliesen verlegen
- Wandfliesen neu kleben
- nichttragende massive Wände abreißen
- Ständer- oder Leichtbauwände abreißen/einbauen
- neue Dämmung in Wände der Ständer- beziehungsweise Trockenbauweise einbringen
- neue Beschläge an Fenstern und Türen anbringen
- abgehängte Decken abreißen und erneuern
Was ein versierter Heimwerker nur mit Einschränkung tun kann:
- nach Anweisung eines Elektrikers Kabel neu verlegen
- kleinere Arbeiten an der Sanitärinstallation vornehmen
- Verstopfungen an Abflüssen beseitigen
- Türen und Fenster neu einbauen
- Außenputz erneuern
- Außenanstriche erneuern
- Außendämmung erneuern
- Heizkörper entlüften
- Armaturen und Objekte (Wanne, Waschtisch etc.) einbauen
Was ein Heimwerker auf keinen Fall tun darf:
- Elektroinstallationen Instandsetzen
- Arbeiten an Gasleitungen oder Gasgeräten
- Arbeiten an Heizungsanlagen
- Arbeiten an tragenden Wänden
- Arbeiten an Kerndämmungen
- Arbeiten am Schornstein
Wasserschäden nach Überschwemmungen durch Starkregen oder Hochwasser ist nur bedingt mit den herkömmlichen Feuchtigkeitsschäden durch undichte Dächer, Wasserleitungsschäden oder kleinere Überschwemmungen im Keller vergleichbar. Hier wirken völlig andere Kräfte auf das Gebäude. Es kann zu Unter- und Ausspülungen kommen. Auch der Verschmutzungsgrad durch das Wasser, oft mit völlig unbekannter Zusammensetzung, muss berücksichtig werden. Ein Punkt, der bei einer zu schnellen und unüberlegten Sanierung langfristige und angenehme Folgen haben kann. Schließlich trifft das Wasser auf Felder und wäscht Pestizide, Herbizide und Fungizide aus, bringt Fäkalien, Keime aus Abwasserleitungen oder Chemikalien wie Heizöl, Kraftstoff oder andere Substanzen aus Kellern oder Garagen mit.
Auch wenn man als betroffener Hausbesitzer die Sanierung der Schäden so schnell wie möglich erledigen will: Sanierungskonzepte von der Stange gibt es leider keine! Deshalb ist vor der Sanierung eine differenzierte Schadensanalyse notwendig.
Sanierung in einzelnen Schritten
Wichtig ist, dass alle Gebäudeteile nach dem Rückgang des Wassers möglichst schnell abtrocknen. Dazu ist es notwendig, Restwasser und Schlamm zu beseitigen. Bei dieser Tätigkeit sollte man bereits die Standsicherheit der Wände überprüfen. Beispielsweise aufgeweichte Lehmwände tragen nicht mehr und sollten deshalb abgestützt werden. Stellt man Unterspülungen fest, sollten diese wenigstens provisorisch ausgefüllt werden. In diesen Fällen sollte man einen Fachmann hinzuziehen, der die Statik des Hauses prüft.
Trocknung
Man selbst kann jedenfalls alle nassen Einrichtungsgegenstände, Teppiche oder Bodenbeläge herausnehmen. Verbaute Holzteile, wie bei Fußböden oder Wänden, sind so zurückzubauen, dass sie gut abtrocknen und hinterlüftet werden. Damit wird verhindert, dass sich möglichst wenig Schimmelpilze und keine holzzerstörenden Pilze bilden können.
Trockenbauwände sollten geöffnet werden. Besser ist es jedoch, nasse Gipskartonbauplatten inklusive der Mineralwolle komplett auszubauen, damit auch die Hohlräume und die tragenden Wandbauteile abtrocknen können. Die Profile können verbleiben. Die Mineralwolle muss entsorgt werden, weil sie nach Wasserkontakt nicht mehr zu verwenden ist.
Grundsätzlich ist für eine ordentliche Querlüftung zu sorgen. Dazu können Kellerfenster oder Türen vorübergehend ausgehängt werden. Möglich ist auch eine zusätzliche Wandöffnung zu schaffen, die sich später leicht wieder verschließen lässt. Ventilatoren zur Unterstützung können eingesetzt werden. Besteht zusätzlich die Möglichkeit die Raumtemperatur zu erhöhen, so kann dies den Abtrocknungsprozess beschleunigen.
Einfache Trocknung
Feuchtigkeitsschäden: Einfache Trocknung Bei einer Raumtrocknung geht es darum, überschüssige Feuchtigkeit nach einem Wasserschaden aus einem betroffenen Raum zu entfernen.… weiterlesen
Feuchtigkeitsschäden beseitigen
Feuchte Gips- oder Gipskalkputze sollten entfernt werden. Bei längerer Durchfeuchtung bilden diese Salze an der Oberfläche (Ausblühungen). Gipsbaustoffe binden sehr viel Feuchtigkeit und behindern so auch eine schnelle Abtrocknung. Bei der Entfernung kann das darunter befindliche Mauerwerk schneller abtrocknen.
Ganz wichtig ist, dass man durchnässte Holzbauteile nicht sofort wieder verkleidet. Holzbalkendecken stellen ein besonderes Problem dar. Es sollten alle losen Deckenputzteile entfernt werden. Dielungen sind zu öffnen. Feuchte Schüttungen sind zu trocknen beziehungsweise zu entfernen. An den Randbereich sind ein bis zwei Fehlbodenbretter auf beiden Seiten der Balken herauszunehmen. Dadurch entsteht Zugluft um die Böden zu trocknen. Um Schimmel, Pilze oder Schwamm zu vermeiden, wird empfohlen, eine technische Trocknung vorzunehmen.
Eine hohe Feuchtigkeit im Gebäude wirkt sich auch negativ auf Bauteile und Einrichtungsgegenstände aus, die nicht unmittelbar betroffen sind. Daher sollten die noch trocken Gebäudeteile vor einer Durchfeuchtung geschützt werden, indem man die Türen zu diesem Bereich geschlossen hält.
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Technische Bautrocknung
Bei der technischen Bautrocknung werden vier Arten unterschieden: die Beschleunigung der Bauteiltrocknung durch Reduzierung der Raumluftfeuchtigkeit, Durchlüftung von Hohlräumen in Folge eines Luftstroms, Erzeugung eines Luftstroms um das betroffene Bauteil sowie die Erwärmung des durchnässten Bereichs. Bei der Sanierung von Überschwemmungs- oder Hochwasserschäden werden meistens mehrere Trocknungsverfahren kombiniert, um eine schnelle Trocknung zu erreichen.
Die Dämmschichttrocknung kommt zur Anwendung, wenn horizontale Wärme- und Trittschalldämmungen, Ausgleichsschüttungen jeglicher Art oder Wärmedämmungen in Außenwandkonstruktionen oder Trennwänden getrocknet werden müssen. Hier kommt das Überdruck- oder Unterdruckverfahren zur Anwendung. Beim Überdruckverfahren wird erwärmte Luft durch spezielle Öffnungen in die Dämmschicht eingebracht. Bei diesem Vorgang reichert sich die trockene Luft mit Feuchtigkeit aus der Wärmedämmschicht an, bevor anschließend die feuchtegesättigte Luft über die offenen Randfugen in den Raum geleitet und dort über aufgestellte Trocknungsgeräte entfeuchtet wird. Beim Unterdruckverfahren wird die feuchte Luft mit Vakuumpumpen aus der Dämmschicht herausgezogen und trockene Luft strömt über die offenen Randfugen nach. Damit die nachströmende Luft auch wirklich trocken ist, muss sie über Trocknungsgeräte vorgetrocknet werden.
Geruchsneutralisation
Je nachdem, wie lange die Überschwemmung oder das Hochwasser im Haus gestanden hat und wie hoch die Belastung durch Fäkalien und Keime gewesen ist, entstehen relativ schnell Gerüche. Nicht selten ist die Geruchsbildung auf unzureichend getrocknete Bereiche oder nicht entdecktes stehendes Wasser in Hohlräumen zurückführen.
Nachdem also die Geruchsquelle beseitigt und gereinigt ist, können ganz unterschiedliche Methoden zur Geruchsneutralisation angewendet werden. Hier kommen oft Trocken- und Feuchtnebelerzeugung, Besprühung oder eine Bedampfung zum Einsatz. Desinfizierende und geruchsneutralisierende Substanzen werden dabei mit entsprechenden Geräten in feinste Tröpfchen verwandelt, die in der Luft schweben. Sie können in Hohlräume eindringen und dort eingezogene Geruchsstoffe erreichen und neutralisieren.
Neubeschichtung von Wänden und Fassaden
Den Abschluss der Sanierung nach einem Wasserschaden bildet die Neubeschichtung von Wänden und Fassaden. Dabei sind zahlreiche Faktoren ausschlaggebend: Handelt es sich um eine Fassade, eine Außen- oder Innenwand? Ist der vorhandene Untergrund bereits ausgetrocknet oder besitzt er noch einen Feuchteanteil? Weißt die Fassade oder Wand gegebenenfalls eine Salzbelastung auf oder ist sie durch Öl kontaminiert? Und welche Nutzung ist für den Raum vorgesehen? Entsprechend ist im Einzelfall zu sanieren – und hier sollte man den Rat eines Fachmanns einholen. Im Allgemeinen haben sich allerdings diffusionsoffene Beschichtungen wie Kalkputze oder Silikat-Farben bewährt.
Die Reaktion einzelner Wandbaustoffe auf Feuchtigkeit
Jeder Baustoff reagiert bei Kontakt mit Wasser anders. Baustoffe und Bauteile, die im erdberührten Bereich liegen, wie Keller oder Sockel, sind grundsätzlich für eine dauerhafte Feuchtebelastung ausgelegt. Für Baustoffe und Bauteile der Fassade oder des Erdgeschosses gilt das nicht. Infolgedessen reagieren die dort verwendeten Materialien ganz anders auf eine starke Durchfeuchtung. Einige Baustoffe sind noch nicht einmal für eine kurzzeitige Durchfeuchtung ausgelegt.
Beton
Beton ist gegenüber Wasser beständig. Ohne technische Hilfsmittel muss mit einer Trocknung von bis zu zwei Jahren gerechnet werden.
Ziegel, Kalksandsteine und Porenbeton
Ziegel, Kalksandsteine oder Porenbeton nehmen Wasser auf. Sind sie stark mit Wasser getränkt, ist eine technische Trocknung notwendig.
Gipskartonplatten
Gipskartonplatten saugen Wasser auf. Deshalb sollten Leichtbauwände komplett abgebaut, die Gipskartonplatten ausgetauscht und die darin enthaltene Mineralwolle entsorgt und ersetzt werden.
Kerndämmung
Schaumkunststoff nimmt kein Wasser auf. Allerdings füllen sich alle Hohlräume mit Wasser und es dauert eine Weile, bis es wieder entweicht. Mineralische Dämmung aus Glaswolle verklumpt bereits bei geringer Nässe. Hier ist ein vollständiger Austausch erforderlich. Mineralische Dämmung aus Steinwolle bleibt bei Nässe überwiegend formstabil, verändert aber nachteilig ihre Dämmeigenschaften. Das Wasser bleibt gerne in den Zwischenräumen der Mineralwolle haften, und wird, wenn das Wasser nicht in einem natürlichen Verdunstungsprozess entweicht, sich hartnäckig halten. Deshalb wird ein Ausbau empfohlen. Nach einer vollständigen Abtrocknung kann über eine Wiederverwendung entschieden werden.
Biologische Dämmstoffe
Biologische Dämmstoffe, wie Holzfasern, Wolle, Flachs oder Papier halten sehr lange die Feuchtigkeit und werden sehr schnell durch Schimmelpilze oder Holz zerstörende Pilze befallen. Ein vollständiger Ausbau ist erforderlich.
Holzwerkstoffplatten
Flachpressplatten (FP), Bau-Funiersperrholzplatten (BFU), Holzfaserplatten oder OSB-Platten quellen bei Nässe auf und verziehen sich. Verbindungen der Holzkonstruktion können dadurch geschädigt werden oder lösen sich. Da Holzwerkstoffplatten beispielsweise bei Fertighäusern auch tragende Funktionen haben, kann keine allgemeine Sanierungslösung angeboten werden. Der Austausch einiger Bauteile oder Baugruppen kann jedoch sinnvoller sein, als eine jahrelange Sanierung von immer neu auftretenden Mängeln.
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