Kalkkaseinfarben: Alte und neue Varianten des Klassikers aus Sumpfkalk und Quark
Anders als reine Kalkfarben, die nur aus Löschkalk (Kalkhydrat) und Wasser bestehen, enthalten Kalkkaseinfarben zusätzlich Kasein bzw. Milcheiweiß. Damit haben sie außer dem mineralischen noch ein deutlich stärkeres organisches Bindemittel.

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Schon die Steinzeitmenschen nutzten mit Milcheiweiß versetzte Kalkfarben für Höhlenmalereien. Alte Meister wie Michelangelo schufen mit Kaseintechniken Wand- und Deckengemälde, die viele Jahrhunderte überdauert haben. Bei der historischen Fresko-Secco-Technik (ital. „frisch-trocken“) werden in Kaseinleim (Kalk-Quark-Leim) gebundene Farbpigmente zum Bemalen des trockenen Putzes verwendet.
Für traditionelle Rezepte, die heute wieder sehr beliebt sind, wird Kalkhydrat mit Wasser und Quark oder Milch angerührt. Das Milcheiweiß wird durch den alkalischen Kalk chemisch aufgeschlossen und wasserlöslich. Nach dem Streichen und Auftrocknen wird die Farbe wieder wasserunlöslich. Sie ist dann stabil und ungefährlich und stellt einen natürlichen, wohngesunden und umweltfreundlichen Anstrich dar.

Am besten geeignet zum Aufschließen des Kaseins ist Sumpfkalk (gering verdünnter Kalkbrei oder Kalkteig), der zwischen drei und sechs Jahre gelagert wurde. Sumpfkalk ist auch die beste Basis für moderne Kalkkaseinfarben, bei deren Herstellung statt Quark meist technisches Kasein aus Milch- oder Pflanzenproteinen verwendet wird. Solches Kaseinpulver mit optimalem Fett-Eiweiß-Verhältnis gibt es auch separat im Fachhandel zu kaufen.
Hochwertige Kalkkaseinfarben werden nicht als streichfertige Mischungen, sondern in Pulverform zum Selbstanrühren angeboten. Das Pulver wird dann gemäß den Herstellerangaben mit Wasser angerührt und nach der empfohlenen Ruhezeit (z. B. über Nacht) verarbeitet. Da Kalkkaseinfarbe keine Konservierungsstoffe enthält, sollten Sie immer nur so viel davon anrühren, wie Sie tatsächlich verstreichen.
Vorteile von Kalkkaseinfarben
Wie Reinkalkfarben sind auch Kalkkaseinfarben sehr diffusionsoffen (wasserdampf- bzw. gasdurchlässig), emissionsfrei (VOC-frei), offenporig und kapillaraktiv. Sie können die Raumfeuchtigkeit regeln und das Wohnklima verbessern – allerdings nur, wenn der Anstrich sauber und frei bleibt. Staub, fettiger Schmutz oder das Überstreichen mit Dispersionsfarbe verstopfen bzw. versiegeln die Poren und machen den Ausgleichs- und Reinigungseffekt zunichte.

Lehm und mineralische Untergründe sind für Kalkkaseinfarben sehr gut geeignet. Altanstriche mit Latex-, Öl- oder Kunstharzdispersionsfarben sollten vorher entfernt werden, da sie sich mit Kalk von Natur aus nicht gut vertragen. Kalkkaseinfarbe auf Tapete ist ebenfalls keine gute Idee: Selbst wenn die Farbe halten sollte, kann sie auf diesem Untergrund ihre positiven Wirkungen kaum entfalten.
Gegenüber der reinen Kalkfarbe bringt Kalkkaseinfarbe durch das stärkere Bindemittel etliche Vorteile mit:
- Bessere Farbdeckung (weniger Aufträge erforderlich)
- Bei richtiger Ausführung abriebfest und wischfest
- Schnelleres Abbinden: Farbe muss nicht feuchtgehalten werden, Vornässen ist nur bei extrem saugenden Untergründen nötig
- Kräftigere Farbtöne möglich, da die Farbe mehr Pigmente binden kann
- Haftet auf sehr vielen, auch nichtsaugenden Untergründen
- Einfachere Verarbeitung

Um Kalkkaseinfarben mehr „Körper“ und eine bessere Deckkraft zu verleihen, können gemahlene Kreiden, Kaoline oder Marmormehle zugesetzt werden. Als Farbgeber dienen Mineral- und Erdfarben. Etliche Produkte enthalten auch Zellulose oder andere pflanzliche Füllstoffe. Synthetische Weichmacher, Kunstharze oder Lösungsmittel haben dagegen in einer guten, „echten“ Kalkkaseinfarbe nichts verloren.
Kalkkaseinfarben schützen nicht vor Schimmel
Weil sie auch organische Bestandteile enthalten, sind Kalkkaseinfarben für feuchte bzw. schimmelgefährdete Wände und Decken weniger geeignet als reine Kalkfarben. Zwar sind sie ebenfalls alkalisch, was Schimmelsporen grundsätzlich nicht mögen, doch je höher der Anteil organischer Stoffe, desto geringer ist die Schimmelresistenz.
Außerdem sind Diffusionsoffenheit und Kapillarität durch das „klebrige“ Bindemittel Kasein im Vergleich zu Reinkalkfarben ein wenig reduziert, was den Feuchtigkeitsaustausch (z. B. in feuchten Kellern) verlangsamt und behindert. In normal feuchtebelasteten Wohnräumen ist das egal bzw. erwünscht, denn die Farbe neigt dadurch auch weniger zum Austrocknen und ist widerstandsfähiger gegenüber direkter Sonneneinstrahlung.
TIPP
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Kalkkaseinfarbe für ökologisches Renovieren und denkmalgeschützte Gebäude

Wer mit Kalkkaseinfarbe streicht, legt in aller Regel großen Wert auf einen natürlichen, gesunden Anstrich. Die Farben können bedenkenlos auch in historischen bzw. unter Denkmalschutz stehenden Altbauten verwendet werden. Dafür sollten Sie natürlich genau wissen, was Sie da an die Wand streichen, auch wenn Sie die Farbe nicht selber herstellen möchten.
Um auf Nummer sicher zu gehen, achten Sie beim Kauf fertiger Mischungen auf eine Volldeklaration der Inhaltsstoffe. Hersteller, die sich selbst dazu verpflichtet haben und explizit damit werben, müssen wirklich alles, was sie in ihre Farben mischen, in die Zutatenliste schreiben – selbst Zusatz- und Füllstoffe mit einem so geringen Massenanteil, dass sie laut Gesetzgeber nicht deklarationspflichtig sind.
Kalkkaseinfarben selber herstellen
In alten und neuen Büchern und natürlich auch im Internet finden Sie zahlreiche Rezepte zum Anrühren von Kalkkaseinfarben. Zum einfachen Herstellen der Kalkkaseinbasis mischen Sie 5 Teile Sumpfkalkbrei mit einem Teil Magerquark. So entsteht ein leicht transparentes Bindemittel, das Sie sogar als Klebstoff verwenden können. Diesen Kaseinleim sollten Sie so rasch wie möglich verwenden oder weiter verdünnen, da er sonst zügig abbindet und zu Gallert wird.
Durch Einrühren von mehr Wasser erhalten Sie eine hervorragende, natürliche Kaseinleim-Grundierung für Kalk- und Kalkkaseinanstriche. Geben Sie außerdem Pigmente und/oder Füllstoffe hinzu, bekommen Sie je nach Verdünnungsgrad eine Lasur oder Farbe, die Sie am besten mit einer Bürste mit feinen Borsten oder einem Malerquast aufbringen können.

Den Sumpfkalk können Sie aus Weißkalkhydrat (CL 90) und Wasser ebenfalls selbst herstellen. Die ideale Grundlage ist jedoch gut abgelagerter Sumpfkalk. Es lohnt sich, den im Fachhandel zu kaufen, obwohl er teurer ist. Denn die wenigsten Heimwerker haben eine Kalkgrube im Garten, in der sie in aller Ruhe sumpfen und ihren Kalk reifen lassen können.


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