Wann der Azubi auf die Rechnung darf und wie hoch darf er angesetzt werden
In einigen Handwerksberufen sind die monatlichen Ausbildungsvergütungen mittlerweile vierstellig. Wir vergleichen, was Azubis in zehn Berufen verdienen – und erklären, was sich davon auf einer Handwerker-Rechnung wiederfinden darf.
939 Euro brutto trug ein Azubi 2019 monatlich nach Hause. Doch von diesem bundesweiten Durchschnitt hat das Bundesinstitut für Berufsausbildung (BIBB) zahlreiche Abweichungen festgestellt. So liegen die Ausbildungsvergütungen in den neuen Bundesländern in der Regel meistens immer noch unter dem Westniveau, bei Maurern beispielsweise um 18 Prozent.
Noch mehr unterscheiden sich aber die verschiedenen Berufsbilder voneinander: So kommt der Schornsteinfeger-Azubis mit 608 Euro am unteren Ende der Skala nur auf 607 Euro, nicht einmal die Hälfte des Zimmerer-Azubis (1263 Euro) als bestbezahlter Beruf – zumindest in der Ausbildung. Alle genannten Zahlen sind der Durschnittswert für die gesamte Ausbildung. Tatsächlich bekommt ein Azubi also im erstens Lehrjahr weniger und im dritten oder auch vierten Lehrjahr mehr.
Und hier die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen in zehn ausgesuchten Handwerksberufen, jeweils unterschieden nach alten und neuen Bundesländern (sofern es abweichende Werte für Ostdeutschland gibt).
Durchschnittliche Ausbildungsvergütung im Handwerk (2022)
Ausbildungsberuf (m/w/d) | Ausbildungsvergütung alte Bundesländer | Ausbildungsvergütung neue Bundesländer |
---|---|---|
Zimmerer | 1.270 € | 1.056 € |
Maurer | 1.224 € | 1.034 € |
Fliesen-, Platten-, Mosaikleger | 1.214 € | 1.024 € |
Stuckateur | 1.202 € | – |
Beton- und Stahlbauer | 1.179 € | 1.051 € |
Dachdecker | 1.020 € | 999 € |
Klempner | 864 € | – |
Tischler | 859 € | 769 € |
Raumausstatter | 752 € | 738 € |
Schornsteinfeger | 724 € | 719 € |
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung
Und wieviel darf eine Azubi-Arbeitsstunde den Kunden kosten?
Doch diese Ausbildungsvergütungen sind nur die eine Seite der Medaille. Die andere, für Kunden wesentlich relevantere: Was und wieviel dürfen Handwerksbetriebe ihren Kunden berechnen, wenn Azubis an der Erledigung eines Auftrags beteiligt sind. Darüber gibt es zwischen den Auftraggebern und den von ihnen beauftragten Handwerkern nicht selten Streit, wenn die Rechnung ins Haus flattert. Es gibt dazu auch eine aktuelle Rechtsprechung: Demnach ist die Abrechnung eines Azubis dem Kunden gegenüber nur noch erlaubt, wenn er aktiv oder aus Gründen der Arbeitssicherheit mitarbeitet.
Wenn man als Auftraggeber also selbst feststellt: ein anwesender Azubi steht nur dabei und schaut dem Gesellen lernend zu, dann kann man auch mit Recht reklamieren, dass man für diese Art der Mitarbeit nichts extra bezahlen möchte.
In der Praxis dürfte es häufig aber anders aussehen, zumindest wenn ein Auszubildender schon im zweiten oder dritten Lehrjahr ist und über erste praktische Kenntnisse verfügt: Dann kann er (oder sie) einen erfahrenen Kollegen bei der Arbeit aktiv unterstützen. Allerdings ist dabei immer zu berücksichtigen: Der Lehrling befindet sich noch in der Ausbildung und kann allein deshalb nicht als volle Arbeitskraft angesehen werden.
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Je erfahrener der Azubi, desto teurer
Darum gibt es seit Jahrzehnten eine Faustregel, an der sich der Zentralverband des Deutschen Handwerks, die Handwerkskammern und auch Verbraucherzentralen seit langem orientieren. Dabei orientieren sich die in der Tabelle genannten Prozente immer auf den konkreten Stundensatz, der für einen Gesellen anzusetzen wäre.
Gesellen nennt man im Handwerk Mitarbeiter nach erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung – sie sind arbeitsrechtlich Facharbeitern gleichgestellt. Die Stundensätze von Gesellen differieren je nach Gewerk und Region, allerdings sind diese Durchschnittswerte realistisch: Schreiner 52 Euro, Dachdecker 60 Euro, Monteur 64 Euro. Anhand dieser Zahlen kann man also auch kalkulieren, mit welchem Betrag ein mitarbeitender Azubi auf der Rechnung erscheint:
Azubi im | Stundensatz des Gesellen |
---|---|
Ersten Lehrjahr | Bis zu 45 % |
Zweiten Lehrjahr | Bis zu 55 % |
Dritten Lehrjahr | Bis zu 65% |
Vierten Lehrjahr | Bis zu 75 % |
Die Werte basieren auf einem Erlass des damaligen Bundeswirtschaftsministeriums für Wirtschaft und Finanzen von 1972. Sie sind nicht rechtsverbindlichen, werden aber dennoch heute weiterhin angewendet, weil sie sich in der Praxis bewährt haben.
Allerdings weist das „bis zu“ daraufhin, dass es durchaus einen Ermessensspielraum gibt, den ein gewissenhafter Handwerksbetrieb auch fair nutzen sollte. Letztlich kann ja nur „der Chef“ beurteilen, in welchem Maß sich ein Azubi bei bestimmten Aufträgen auch im Sinne des Kunden nützlich gemacht hat. Wie bei vielen Dingen im Leben ist es jedenfalls auch hier von Vorteil, sich möglichst schon im Vorfeld zu verständigen, um späteren Streit zu vermeiden.
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