Formaldehyd – mehr als eine Geruchsbelastung

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Formaldehyd in Innenräumen lässt sich recht eindeutig am stechenden Geruch erkennen. Der organische Stoff steckt in Wandverkleidungen, Möbeln und Fußbodenbelägen und dünstet ununterbrochen in die Raumluft aus. Nicht nur der Geruch ist lästig, die Substanz kann in hohen Konzentrationen auch zu gesundheitlichen Problemen führen.

Faserplatte (MFF) und Spanplatte © Lion, adobestock.com
Formaldehyd steckt in Spanplatten und anderen Holzwerkstoffen © Lion, adobestock.com

Was ist Formaldehyd?

Formaldehyd ist eine organische Substanz, die zur Gruppe der Aldehyden gehört. Die chemische Substanz ist farblos und besitzt einen charakteristischen Geruch, erreicht die chemische Verbindung Zimmertemperatur, wird sie gasförmig und reichert sich in der Raumluft an. Dabei steckt es nicht im eigentlichen Material, sondern in den meisten Fällen im Kleber, der für die Herstellung von Holzwerkstoffen wie zum Beispiel Spanplatten oder in Möbeln sowie für Fußbodenbeläge eingesetzt wird. Auch in Dämmstoffen und Farben wird der Stoff teilweise eingesetzt.

Formaldehyd kann Atemwege, Haut und Schleimhäute reizen, zu Kopfschmerzen führen und Allergien auslösen. Gerade Kinder und empfindliche Personen wie Allergiker reagieren stark auf die Substanz in der Zimmerluft, auch Haustiere können davon regelrecht krank werden.

Gesetzliche Grenzwerte für die Formaldehydkonzentration in Innenräumen

Aufgrund der mittlerweile nachgewiesenen erbgutverändernden und krebserregenden Eigenschaften von Formaldehyd hat die EU reagiert und im Jahr 2023 mit einer Überarbeitung der Chemikalienverordnung REACH die Grenzwerte verschärft: So darf eine Konzentration 0,062 mg/ m³ nicht überschreiten, dies wirkt sich auf die Zusammensetzung von Baumaterialien, Möbeln und Holzwerkstoffen aus. Ebenfalls verschärft werden die Grenzwerte für elektronische Produkte, Kunststoffe, Leder und Textilien, für die ein Wert von 0,08 mg/ m³ festgelegt wurde. Umgesetzt werden muss diese Vorschrift allerdings erst ab August 2026

Das Fraunhofer-Institut für Holzforschung Wilhelm-Klauditz-Institut WKI bietet Herstellern eine Zertifizierung an. Mit „REAC-H-CHO“ können Vollholz und Holzwerkstoffe, Bodenbeläge, Möbel, Wandbekleidungen und andere Baustoffe auf ihren Formaldehydgehalt geprüft und bei Einhaltung oder Unterschreitung der Grenzwerte entsprechend zertifiziert werden.

Fertighausfassade aus Holz mit Solarmodulen auf dem Dach © rudolfgeiger, stock.adobe.com
Formaldehyd kann besonders in älteren Fertighäusern ein echter Sanierungsgrund sein © rudolfgeiger, stock.adobe.com

Formaldehyd im Altbau

In Altbauten ist Formaldehyd nahezu immer enthalten und belastet die Raumluft. Das gilt insbesondere für Fertighäuser mit ihrem hohen Anteil an Holz und Holzwerkstoffen. Wer ein Fertighaus aus den 1970er bis 1990er Jahren betritt, wird nahezu sofort mit dem charakteristischen Geruch konfrontiert. Aber auch in Massivbauten steckt die Substanz in den Klebern von Span- oder Presskorkplatten, in Versiegelungen, Dämmstoffen und im Fertigparkett.

Das Problem an Formaldehyd ist, dass die Ausdünstungen in die Raumluft solange bestehen, wie das Material vorhanden ist und Kontakt zur Luft hat. Um das Problem komplett zu beseitigen, ist also eine gründliche Sanierung erforderlich.

Tipp: Einigen Pflanzen wird nachgesagt, dass sie Formaldehyd neutralisieren, auch Luftreiniger werden zum Teil empfohlen. Diese Maßnahmen können die Konzentration in der Raumluft leicht verringern, als nachhaltige Sanierungsmethode sind sie jedoch nicht zu betrachten.

Sanierungsvariante 1: Belastete Bauteile entfernen

Die wirksamste Möglichkeit, um eine formaldehydfreie Raumluft zu erreichen, besteht darin, die Emissionsquellen aus den Räumen zu entfernen. Das bedeutet den Ausbau und die Entsorgung belasteter Möbel und Baustoffen. Dies lässt sich besonders einfach bei Möbelstücken realisieren, auch Wandverkleidungen oder Fußbodenbeläge können entfernt und gegen schadstofffreie Alternativen ausgetauscht werden. Der Ausbau und die Entsorgung formaldehydhaltiger Materialien ist – anders als zum Beispiel bei asbesthaltigen Baustoffen – vergleichsweise unkompliziert. Es müssen keine Schutzmaßnahmen ergriffen werden, die Entsorgung ist über den Haus- oder Sperrmüll oder auf dem Wertstoff möglich. Ist ein Unternehmen mit dem Ausbau beauftragt, übernimmt dieses meist auch den Abtransport und die fachgerechte Entsorgung der Baustoffe

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Sanierungsvariante 2: Versiegelung

Sind die schadstoffbelasteten Bauteile untrennbarer Bestandteil der Bausubstanz, wie es zum Beispiel beim Fertighaus der Fall ist, kann eine Teil- oder Vollversiegelung die Emissionen eindämmen. Bei gut zugänglichen Bereichen lässt sich eine Reduzierung der Schadstoffemissionen bereits durch eine Abdichtung der Schnittkanten und Bohrlöcher erzielen. Für die Beschichtung eignet sich ein – möglichst schadstofffreier – Acryllack. Auch größere Flächen können mit Lacken beschichtet und somit versiegelt werden. Erfolgreich ist dies allerdings nur, wenn wirklich vollflächig und sorgfältig gearbeitet wird. Denn das Formaldehyd im Baustoff bleibt erhalten, kann durch die Versiegelung nur nicht mehr ausdünsten.

Schafwolle in den Händen © Stavros, adobestock.com
Schafwolle richtig eingesetzt, kann die Ausdünstungen von Formaldehyd in die Raumluft wirkungsvoll neutralisieren © Stavros, adobestock.com
Dachboden ausbauen mit OSB-Platten © stockphoto-graf, stock.adobe.com
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Sanierungsvariante 3: Formaldehyd neutralisieren

Eine weitere Methode zur Reduzierung der Formaldehydbelastung ist die chemische Bindung der Substanz. Dies lässt sich durch ein vergleichsweise einfaches Material umsetzen: Schafwolle. Die Eiweißfasern reagieren mit dem Formaldehyd und es entstehen stabile Verbindungen, die weder ausdünsten noch schädlich sind. In Laborversuchen war Schafwolle in der Lage, bis zu 98 % des Formaldehyds aus der Raumluft aufzunehmen und dauerhaft zu binden.

Realisiert wird diese Sanierungsvariante durch dicht vernadelte Vliese aus Schafwolle, mit denen die kontaminierten Bauteile vollflächig verkleidet werden. Die Vliese wirken wie ein Filter, durch das das Formaldehyd nicht durchdringen kann. Wichtig für den Erfolg dieser Sanierungsvariante ist die richtige Einbauvariante. Ebenfalls wichtig ist es, unbehandelte Schafwolle zu verwenden, um nicht die eine Emissionsquelle (Formaldehyd) gegen eine andere (Permethrin als Insektizid in der Wolle) auszutauschen.

Tipp: Als Nebeneffekt verbessert die Sanierung von formaldehydbelasteten Bauteilen im Altbau mit Schafwollvlies gleichzeitig die Schalldämmung, zum Beispiel, wenn das Material in einer abgehängten Decke verbaut wird.
Fachleute in Schutzanzügen entfernen Asbest an einer Wand eines Altbaus © Ricochet64, stock.adobe.com
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