Fräsen und Stemmen: Wo und wie tief dürfen Wandschlitze sein?
Elektroinstallationen in Wohnräumen werden wegen der Optik in der Regel Unterputz verlegt. Wer seine Elektroinstallation ausbaut oder saniert, kommt deshalb oft nicht daran vorbei, Wandschlitze fräsen oder stemmen zu müssen. Übrigens: eine der wenigen Tätigkeiten, die man bei der Elektroinstallation selbst vornehmen darf. Doch aufgepasst: Einfach den Bohrhammer oder die Wandfräse ansetzen geht nicht! Auch hier gelten Vorschriften für die Lage und Tiefe von Wandschlitzen!
Es gibt drei Möglichkeiten einen Wandschlitz herzustellen:
- Arbeiten mit Hammer und Meißel. Diese Tätigkeit ist je nach Länge der Wandschlitzes sehr mühsam, verursacht viel Dreck und birgt die Gefahr, mehr Mauerwerk zu entfernen als notwendig und zulässig.
- Man fräst mit einem Winkelschleifer und entsprechender Stein- oder Diamantscheibe zwei Schlitze in die Wand. Den mittleren Steg wird dann mit Hammer und Meißel entfernt. Diese Vorgehensweise ist zwar einfacher als die Arbeit mit Hammer und Meißel, verursacht aber sehr viel Staub und ebenso viel Dreck.
- Die dritte und einfachste Möglichkeit ist die Nutzung einer Mauernutfräse. Diese kann man in der Regel auf die gewünschte Tiefe des Schlitzes einstellen. Da die meisten Mauerfräsen mit einer Absaugvorrichtung für einen Industriesauger ausgerüstet sind, ist ein weitestgehend staubfreies Arbeiten möglich. Diese Geräte sind ab 40 Euro pro Tag auszuleihen.
Wo dürfen Wandschlitze ausgespart werden?
Doch einfach den Meißel oder die Mauerfräse anzusetzen und drauflos zu arbeiten, geht nicht! Bei allen elektrischen Installationen in Gebäuden sind die vorgeschriebenen Installationszonen zu beachten. Diese gelten auch für die Anordnung und Lage der elektrischen Leitungen in Wänden unter Putz. Dies soll verhindern, dass Elektroleitungen später unbeabsichtigt angebohrt oder durch sonstige Arbeiten beschädigt werden. Deshalb gilt für Wandschlitze, dass sie stets nur senkrecht oder waagerecht gestemmt oder gefräst werden dürfen. Für Fußböden und Decke sind keine Installationszonen vorgesehen.
- Waagerechte Schlitze sind 15 oder 30 cm über dem Fußboden und 30 cm unterhalb der Decke auszusparen.
- Senkrechte Schlitze sind in einem Abstand von 10 cm von Ecken, Fenster- oder Türöffnungen auszusparen.
- Die Installationszonen der Küche oder auch die eines Hobby- oder Arbeitsraumes werden durch eine zusätzliche mittlere Installationszone ergänzt. Sie gilt für Schalter und Steckdosen über Arbeitsflächen. Die waagerechten Schlitze sind zwischen 100 cm und 130 cm (Vorzugshöhe 115 cm) über dem Fußboden auszusparen.
Wie tief dürfen Wandschlitze sein?
Da tragende Wände eines Hauses die Standsicherheit eines Gebäudes garantieren, sind für die Tiefe von Wandschlitzen Grenzwerte einzuhalten, die in der DIN EN 1996-1-1/NA angegeben werden. Bei Überschreiten dieser Grenzwerte ist in jedem Einzelfall ein statischer Nachweis nach DIN EN 1996-1-1 erforderlich!
Zulässige Tiefe horizontaler Schlitze in tragendem Mauerwerk ohne statischen Nachweis
Wanddicke |
Maximale Schlitztiefe | |
---|---|---|
unbegrenzte Länge |
Länge unter 1,25 Meter | |
115 – 149 mm |
– |
– |
150 – 174 mm |
– |
0* mm |
175 – 239 mm |
0* mm |
25 mm |
240 – 299 mm |
15* mm |
25 mm |
über 300mm |
20* mm |
30 mm |
* Die Tiefe darf um 10 mm erhöht werden, wenn Werkzeuge verwendet werden, mit denen die Tiefe genau eingehalten werden kann.
Da vertikale Schlitze bei im Verbund gemauerten Wänden keine wesentlichen Auswirkungen auf die Standsicherheit haben, ergeben sich hier andere Werte. Allerdings wird bei vertikalen Wandschlitzen neben der Schlitztiefe auch die Schlitzbreite berücksichtigt.
Zulässige Tiefe nachträglich hergestellter vertikaler Schlitze in tragendem Mauerwerk ohne statischen Nachweis
Wanddicke |
nachträglich hergestellte Schlitze | |
---|---|---|
maximale Tiefe |
maximale Breite | |
115 – 149 mm |
10 mm |
100 mm |
150 – 174 mm |
20 mm |
100 mm |
175 – 199 mm |
30 mm |
100 mm |
200 – 239 mm |
30 mm |
125 mm |
240 – 299 mm |
30 mm |
150 mm |
300 – 364 mm |
30 mm |
200 mm |
über 365 mm |
30 mm |
200 mm |
TIPP
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Nicht tragende Innenwände müssen laut DIN 4103-1/11 horizontale statische und stoßartigen Belastungen aufnehmen können. Horizontale und vertikale Schlitze haben daher einen Einfluss auf die Biege- und Tragfähigkeit von Trennwänden. Horizontale Schlitze sind erst ab einer Wanddicke von 175 mm mit den in der Tabelle „Zulässige Tiefe horizontaler Schlitze in tragendem Mauerwerk ohne statischen Nachweis“ angegebenen Schlitzlängen und -tiefen zulässig. Da die maximale Biegebeanspruchung bei Trennwänden nahezu in Plattenmitte auftritt, wirken sich horizontale Schlitze am oberen und unteren Auflagerbereich nur vernachlässigbar auf die Biegetragfähigkeit aus. Daher sind Schlitze am Wandkopf und Wandfuß aus statischer Sicht weniger kritisch als im mittleren Wanddrittel.
Vertikale Schlitze dürfen bei nicht tragenden Trennwänden nur nachträglich mit den in der Tabelle „Zulässige Tiefe nachträglich hergestellter vertikaler Schlitze in tragendem Mauerwerk ohne statischen Nachweis“ angegebenen Maßen und nur mit „Präzisionswerkzeug“ hergestellt werden. Nicht zulässig beim Schlitzen von nicht tragenden Trennwänden ist das Verwenden von Hammer und Meißel oder Winkelschleifer, weil diese Methoden die maximal zugelassenen Schlitztiefen überschreiten können. Deshalb sind Werkzeuge mit „Anschlag“ (Tiefenlehre) zu verwenden. Außerdem sind für das Schlitzen von nicht tragenden Innenwänden nur Geräte zu verwenden, die das Gefüge des Mauerwerks nicht zerstören und die Standsicherheit der Trennwand nicht gefährden, wie beispielsweise Mauernutfräsen.
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Schallschutz – Brandschutz – Wärmeschutz
Bei der Aussparung von Wandschlitzen ist immer daran zu denken, dass Schlitze Einfluss auf den Schallschutz, Brandschutz und Wärmeschutz haben. Wird örtlich die Wanddicke und damit die Masse des Mauerwerks reduziert, weist sie an diesen lokalen Stellen eine verringerte Schalldämmung auf. Es ist deshalb darauf zu achten, dass es zwischen fremden Wohnbereichen zu keiner Schallübertragung kommt.
Tragende und nichttragende Innenwände in Massivbauweise erfüllen hohe Anforderungen des baulichen Brandschutzes. Ordnungsgemäß ausgeführte Wandschlitze (nach EN 1996-1-1) reduzieren die in der DIN EN 1996-1-2 angegebenen Feuerwiderstandsdauern in tragenden Wänden nicht. Vertikale Wandschlitze in nichttragenden Wänden sollen allerdings bestimmte Wanddicken nicht unterschreiten. Die Wanddicke einschließlich Putz soll mindestens Zweidrittel der erforderlichen Mindestdicke der Wand und nicht weniger als 60 mm betragen. Bei horizontalen Schlitzen in nichttragenden Wänden soll die Wanddicke einschließlich Putz mindestens Fünfsechstel der erforderlichen Mindestdicke der Wand und nicht weniger als 60 mm betragen.
Grundsätzlich gilt bei der Gebäudehülle, dass der Wärmeschutz nicht durch Wandschlitze beeinträchtigt werden darf. Für die Elektroinstallation hat dies meistens keine Auswirkung. Horizontale und vertikale Schlitze, die zur Verlegung von Elektroleitungen in Außenwänden nachträglich hergestellt werden, werden in der Regel nicht berücksichtigt.
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