Dämmstoff: Je dicker desto besser?
Die Dämmung ist ein zentraler Bestandteil des Wärmeschutzes eines Gebäudes. Sie erhöht die Energieeffizienz der Immobilie, reduziert dauerhaft die Heiz- und damit die Betriebskosten und steigert gleichzeitig den Wohnkomfort. Doch wie dick muss die Dämmung sein, um all diese Vorteile optimal zu gewährleisten? Die einfache Formel „Je dicker desto besser“ ist nicht immer richtig. Vielmehr hängst die Wahl der richtigen Dämmstoffdicke von mehreren Faktoren ab.

Faktoren für die Wahl der Dämmstoffdicke
Es sind mehrere Faktoren, die die notwendige Dämmstoffdicke bestimmen. Sie beeinflussen sich gegenseitig und müssen daher im Vorfeld der Maßnahme alle betrachtet werden und in die Entscheidung einfließen. Die wichtigsten Faktoren sind:
- die gesetzlichen Vorgaben
- die Wärmeleitfähigkeit des Dämmmaterials
- die Kosten-Nutzen-Betrachtung
- die baulichen Gegebenheiten
- der Feuchteschutz
- die klimatischen Bedingungen und die geografische Lage
Dämmungs-Rechner:
Kosten und Einsparungen Ihrer Sanierung berechnen
Die gesetzlichen Vorgaben
In Deutschland müssen Bauherren und Modernisierer die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) einhalten. In das GEG sind die Vorgaben der vorhergegangenen Energieeinsparverordnungen eingeflossen. Die Regelungen bestimmen den maximal zulässigen Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert). Diese Werte geben an, wie viel Energie das jeweilige Bauteil über eine bestimmte Fläche bei einem definierten Temperaturunterschied auf beiden Seiten durchdringen darf. Die aktuell zulässigen U-Werte für die verschiedenen Bauteile eines Hauses sind:
- Außenwände: 0,24 W/(m²K)
- Dachflächen: 0,20 W/(m²K)
- Kellerdecken (gegen unbeheizte Räume): 0,30 W/(m²K)
- Fenster und Fenstertüren: 1,30 W/(m²K)
- Außentüren: 1,80 W/(m²K)

Die Dicke des Dämmstoffs muss so gewählt werden, dass die Grenzwerte nach der Dämmung eingehalten werden.


Die Wärmeleitfähigkeit des Dämmmaterials
Wie viel Dämmstoff für die Einhaltung notwendig ist, lässt sich allein aus den vorgegebenen U-Werten noch nicht bestimmen. Es fehlt noch ein entscheidender Faktor: Die Wärmeleitfähigkeit des Dämmmaterials. Sie gibt an, wie gut ein Material Wärme leiten kann. Metall hat beispielsweise eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit. Bei Dämmmaterialien ist die Wärmeleitfähigkeit bereits per Definition sehr gering. Dennoch gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Materialien, die sich dann auch auf die Dicke der Dämmung auswirken.
Einige Beispiele für die Wärmeleitfähigkeit von Dämmstoffen sind:
- Mineralwolle (Glaswolle, Steinwolle): Wärmeleitfähigkeit 0,035 – 0,040 W/mK
- Polystyrol (EPS, XPS): Wärmeleitfähigkeit 0,030 – 0,035 W/mK
- Polyurethan (PUR): Wärmeleitfähigkeit 0,022 – 0,030 W/mK
- Holzfaserdämmplatten: Wärmeleitfähigkeit 0,040 – 0,050 W/mK
Grundsätzlich gilt: Je geringer die Zahl der Wärmeleitfähigkeit ist, desto besser ist der Dämmwert des jeweiligen Dämmmaterials.

Mithilfe der Wärmeleitfähigkeit lässt sich berechnen, wie dick ein Dämmmaterial sein muss, um die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen. Für verschiedene Materialien ergeben sich rechnerisch folgende Dämmstoffdicken:
Außenwand:
- Mineralwolle: etwa 14 bis 16 cm
- Polystyrol (EPS): etwa 12 bis 14 cm
- Polyurethan: ca. 8 bis 10 cm
Dachfläche:
- Mineralwolle: etwa 18 bis 20 cm
- Polystyrol (EPS): ca. 16 bis 18 cm
- Polyurethan: etwa 10 bis 12 cm
Kellerdecke:
- Mineralwolle: etwa 10 bis 12 cm
- Polystyrol (EPS): etwa 8 bis 10 cm
- Polyurethan: ca. 6 bis 8 cm
Die Angaben beziehen sich darauf, die gesetzlichen Mindestanforderungen an den Wärmeschutz zu erreichen. Spezielle Baustandards, wie beispielsweise Passiv- oder Plusenergiehäuser, können höhere Dämmwerte und somit größere Dämmstoffdicken erfordern.

Die Kosten-Nutzen-Betrachtung
In der Regel lassen sich bei Gebäuden die gesetzlichen Vorgaben des GEG dank der großen Materialauswahl gut erfüllen. In Zeiten steigender Heizkosten und im Zuge einer vorausschauenden Planung auf künftig noch folgende Verschärfungen des Dämmstandards liegt die Überlegung nahe, über diesen Mindeststandard hinauszugehen. So zahlen sich die so genannten Ohnehin-Kosten, die bei der Installation der Dämmung durch das Gerüst oder die Arbeitsstunden der Bauarbeiter anfallen, durch eine etwas dickere Dämmung zusätzlich aus. Aber Vorsicht: Es gibt auch einen Punkt, ab dem der höhere Dämmwert und die Kosten für die dickere Dämmung nicht mehr in einem guten Verhältnis zueinanderstehen.
Dieses Phänomen ergibt sich aus dem Prinzip der abnehmenden Grenzerträge. Zu Beginn, wenn eine Dämmung installiert wird, ist der positive Effekt für den Wärmeschutz am größten. Jeder zusätzliche Zentimeter Dämmstoff führt zu einer signifikanten Reduzierung des Wärmeverlustes. Mit zunehmender Dicke der Dämmung verringert sich jedoch der zusätzliche Nutzen jedes weiteren Zentimeters. Das bedeutet, dass die Wärmedurchlässigkeit (U-Wert) zwar weiterhin sinkt, aber nicht mehr im gleichen Maße wie bei den ersten Zentimetern der Dämmung.

Ein Beispiel kann dieses Prinzip verdeutlichen:
- Von ungedämmt zu leicht gedämmt: Die ungedämmte Wand wird mit einer 5 Zentimeter starken Dämmung versehen. Angenommen, der U-Wert sinkt durch diese Maßnahme von etwa 1,0 W/(m²K) auf 0,5 W/(m²K), dann bedeutet die Dämmung eine Reduzierung des Wärmeverlustes um 50 Prozent.
- Verdopplung der Dämmstoffdicke: Wird die Dämmung nun von 5 auf 10 Zentimeter verdoppelt, sinkt der U-Wert vielleicht noch einmal von 0,5 W/(m²K) auf 0,25 W/(m²K). Das ist wieder eine Halbierung des Wärmeverlustes, der absolute Nutzen in Bezug auf Energieeinsparungen ist aber nur noch halb so groß wie bei der ersten Dämmung.
- Weitere Dämmung: Bei einer weiteren Aufstockung von 10 auf 15 Zentimeter reduziert sich der U-Wert möglicherweise von 0,25 W/(m²K) auf 0,17 W/(m²K). Die gleiche Dämmstoffdicke, die am Anfang noch die Hälfte des Wärmeverlustes einsparte, hat jetzt nur noch einen geringen Effekt.
Ab einen bestimmten Punkt kommt es dazu, dass die zusätzlichen Kosten für mehr Dämmstoff größer sind als die Einsparungen bei den Heizkosten. Für den Hauseigentümer lohnt sich die dickere Dämmung dann aus Sicht der Kostenersparnis nicht mehr. Bei der Planung der Dämmstoffdicke sollte daher eine wirtschaftliche Abwägung erfolgen, um die optimale Balance zwischen Kosten und Nutzen zu finden.
Die baulichen Gegebenheiten
Während Bauherren bei Neubauten den idealen Wärmeschutz von Beginn an mit einplanen können, sind bei bestehenden Gebäuden Einschränkungen durch die baulichen Gegebenheiten möglich. Eine dichte Bebauung in einer Stadt oder denkmalgeschützte Gebäude können die Möglichkeiten des Wärmeschutzes sehr stark einschränken. Allerdings auch bei normalen bestehenden Gebäuden können sich beispielsweise durch einzuhaltende Abstände zu den Grundstücksgrenzen Abstriche ergeben. Hier ist die Wahl eines Dämmstoffs mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit eine Option, um dennoch einen hohen Dämmwert zu erzielen.
Ebenfalls zu beachten ist, dass die Dämmung die bauliche Konstruktion nicht überlasten darf. Das Gewicht der Dämmung ist daher bei der Planung im Blick zu behalten.
Unterschiedliche Bauteile haben zudem verschiedene Anforderungen, die die Wahl der Dämmstoffdicke beeinflussen. Dächer und Außenwände benötigen in der Regel eine dickere Dämmung als beispielsweise die Kellerdecke, da sie größeren Temperaturextremen ausgesetzt sind. Bei Innendämmungen ist neben bauphysikalischen Herausforderungen immer zu beachten, dass die Dämmstoffdicke zulasten der Raumfläche geht.

Der Feuchteschutz
Sowohl bei einer zu großen als auch bei einer zu geringen Dämmstoffdicke können Feuchteprobleme auftreten. Wird das Haus durch die Dämmung zu stark abgedichtet, kann es bei unsachgemäßem Einbau passieren, dass Feuchtigkeit in die gedämmten Bauteile eindringt und dort schwerwiegende Schäden verursacht. Der Einbau einer Dampfsperre bei der Dachkonstruktion oder die Verwendung diffusionsoffener Dämmstoffe bei einer bekannten Feuchteproblematik sind dann sinnvolle Optionen.

Bei einer zu geringen Dämmstoffdicke kann es passieren, dass die Wandoberfläche im Innenraum zu stark abkühlt. Dadurch entsteht dann einerseits ein unangenehmer Zugeffekt, andererseits kann sich aber auch Kondenswasser bilden. Und das führt im schlimmsten Fall zu Schimmel.

Die klimatischen Bedingungen und die geografische Lage
Der Dämmbedarf eines Hauses hängt immer auch von der geografischen Lage ab. Das bezieht sich nicht allein auf die klimatische Zone, in der das Gebäude errichtet ist. Vielmehr können auch die Lage und die Ausrichtung des Gebäudes eine Rolle spielen. Ist es beispielsweise starkem Wind ausgesetzt, kann ein effizienterer Wärmeschutz notwendig sein. Bei intensiver Sonneneinstrahlung ist bei der Dämmung hingegen auf den Nutzen für den sommerlichen Wärmeschutz zu achten.


Dämmstoffe Klassifizierung
Eine Zahl für die Dämmleistung Wie gut ein Dämmstoff seine Hauptaufgabe – die Wärmedämmung – erfüllt, hängt von seiner Wärmeleitfähigkeit… weiterlesen