Der Dachstuhl ist eine komplexe technische Konstruktion. Richtig ausgeführt erlangt er eine hohe Stabilität und Dauerhaftigkeit. Noch heute lassen sich jahrhundertealte Beispiele bewundern, die auf die besondere Handwerkskunst der Dachdeckerzunft hinweisen. Die traditionellen Techniken wurden in heutiger Zeit durch statische Berechnungen und normative Vorgaben ergänzt. Um die große Stabilität und die hohe Langlebigkeit des Daches zu erlangen, ist der richtige Sparrenabstand eine wichtige Einflussgröße.
Die Sparren sind die schrägen Balken, die sich in der Regel von der Traufe als unterster Kante das Daches bis zum First als oberster Kante ziehen. In der Realität wird wohl kaum ein Bauherr den Sparrenabstand seines Daches selbst berechnen. Planung und Ausführung sind Aufgaben von Experten, die über das nötige Fachwissen verfügen. Dennoch ist es sinnvoll, die grundlegenden Zusammenhänge zu kennen. Denn das ermöglicht spezielle Nachfragen und das Ausloten von Möglichkeiten, wenn es beispielsweise um das Material der Dacheindeckung oder die generelle Ausführung des Daches geht.
Die Bedeutung des Sparrenabstands
Die Dachsparren sind tragende Bauteile des Dachstuhls. Auf ihnen wird bei einer klassischen Dacheindeckung die Konterlattung angebracht, auf der dann die Dachziegel oder Dachsteine ruhen. Das bedeutet, dass die Dachsparren das Gewicht der Dacheindeckung tragen und dieses Gewicht über die gesamte tragende Konstruktion des Bauwerks ableiten müssen.
Der Abstand zwischen den Sparren wird in der Regel in Zentimetern angegeben und liegt üblicherweise zwischen 60 und 100 Zentimetern. Dabei beeinflusst der Abstand direkt die Tragfähigkeit des Dachs. Ein engerer Abstand erfordert zwar mehr Sparren, führt gleichzeitig aber zu einer höheren Stabilität. Ein breiterer Abstand spart zwar Baumaterial, allerdings verringert sich die Last, die das Dach dann tragen kann.
Achsabstand und Abstand zwischen den Sparren
Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei dem Sparrenabstand für die statische Berechnung des Daches um den Achsabstand handelt. Das heißt, der Abstand wird jeweils von Mittelpunkt zu Mittelpunkt der Sparren gemessen. Wie breit der jeweilige Sparren ist, bleibt bei dieser Berechnung noch unberücksichtigt und ist erst Teil der späteren Planung der baulichen Ausführung.
Der Achsabstand zwischen den Sparren ist demnach größer als die Zwischenräume, die von Innenseite zu Innenseite der Sparren – beispielsweise für eine Dämmung oder Dachflächenfenster – zur Verfügung stehen. Eine Beispielrechnung kann dies verdeutlichen:
Bei einem Dach von sechs Metern Länge wäre ein möglicher Achsabstand 75 Zentimeter. Die Anzahl der Sparren lässt sich mit der Formel Dachlänge: Achsabstand + 1 berechnen. Das heißt: 600 cm: 75 cm + 1 = 9. Es sind für das Dach also 9 Sparren notwendig. Der hinzuaddierte Sparren ergibt sich daraus, dass der Dachstuhl auf beiden Seiten mit einem Sparren beginnen muss. Die Anzahl der Sparren zeigt allerdings noch nicht, wie groß der Zwischenraum zwischen den Sparren ist. Denn hier muss noch die Breite der Sparren abgezogen werden.
Ein üblicher Querschnitt für einen Sparren ist beispielsweise 8×16 cm. Die auf der Dachtraufe aufliegende Breite sind 8 Zentimeter. Bei 9 Sparren macht das eine Breite von 9 x 8 = 72 cm, die von der Breite der Dachfläche abgezogen werden muss, also 600 – 72 = 528 cm. Bei 9 Sparren gibt es 8 Zwischenräume, weil links und rechts je ein Sparren die Dachfläche begrenzt. Somit beträgt der Abstand zwischen den Innenflächen der Sparren 528 cm: 8 = 66 cm.
Einflussfaktoren auf den Sparrenabstand
Es gibt mehrere Faktoren, die den Sparrenabstand beeinflussen:
- Die Breite des Daches: Um die bestmögliche Stabilität zu erreichen, müssen sich die Sparren gleichmäßig über die Dachfläche verteilen. Ihr genauer Abstand ist daher letztlich auch von der Breite des Daches abhängig.
- Die Neigung des Daches: Da bei einem steileren Dach die Lasten über die Sparren stärker nach unten abgeleitet werden, ist hier ein größerer Sparrenabstand möglich als bei einem flach geneigten oder gar Flachdach.
- Das Material der Dacheindeckung: Unterschiedliche Dachmaterialien haben unterschiedliche Anforderungen an den Sparrenabstand. Schwerere Materialien wie Dachziegel oder Schiefer erfordern einen engeren Abstand, um das Gewicht zu tragen. Leichtere Materialien wie Trapezblech oder Bitumenbahnen ermöglichen größere Abstände.
- Schneelast und Windlast: In Gegenden wie Bergregionen, in denen viel Schnee fällt, muss dieses temporär aufkommende Gewicht mit in die Stabilität des Dachstuhls eingerechnet werden. Die so genannte Schneelast ist daher eine wichtige Kenngröße, die in die Planung mit einfließt. In Regionen mit hoher Schneelast müssen die Sparrenabstände für mehr Stabilität geringer sein. Auch Wind wirkt auf die Dachkonstruktion belastend. In sehr windigen Regionen ist der Sparrenabstand daher ebenfalls enger zu wählen als in Regionen, in denen das Windaufkommen geringer ist.
- Qualität des verwendeten Holzes: Holz ist ein Baumaterial, das in Deutschland strengen Prüfungen und Normen unterliegt. Allerdings gibt es dennoch Qualitätsunterschiede. Auf dem Markt sind beispielsweise Konstruktionsvollholz oder Leimholzbinder erhältlich. Außerdem spielt die Dicke der Sparren eine Rolle. Durch dickere Sparren kann ein Dach mit größerem Sparrenabstand dieselbe Stabilität erzielen wie ein Dach mit geringerem Abstand und dünneren Sparren.
- Materialstandards der Dämmung: Bei der Wahl des Sparrenabstands kann es auch sinnvoll sein, systemisch zu denken. Orientiert sich der Sparrenabstand beispielsweise an den Standardbreiten, in denen die verschiedenen Dämmmaterialien angeboten werden, lässt sich Verschnitt beim Einbau der Dämmung vermeiden. Die Dachdämmung ist zügiger eingebaut und die Gefahr möglicher Wärmebrücken verringert sich. Auch diesen Aspekt sollten Planer und Dachdecker im Blick haben, wenn sie ein neues Dach projektieren.
Gesetzliche Vorgaben für den Sparrenabstand
Für die Berechnung des Sparrenabstands gibt es in Deutschland eine Reihe von Normen und Regelwerken. Sie stellen sicher, dass Dächer den Belastungen durch Wind, Schnee und Eigengewicht sicher standhalten. Die Normen regeln:
- die Schneelastzonen und die daraus resultierenden Anforderungen an die Tragfähigkeit der Sparren.
- die Windlastzonen, die insbesondere in sturmgefährdeten Gebieten zu einem engeren Sparrenabstand führen können.
- Die Holzqualität und den erforderlichen Holzquerschnitt für eine sichere Tragfähigkeit.
- Den Einfluss der Dacheindeckung auf die Traglasten und den Sparrenabstand.
Die wichtigsten normativen Vorgaben mit Blick auf den Sparrenabstand sind:
- DIN EN 1995-1-1 (Eurocode 5) – Bemessung und Konstruktion von Holzbauwerken
Diese Norm ist Teil der Eurocode-Reihe und regelt die Bemessung von Holzkonstruktionen, einschließlich der Sparren. Sie enthält detaillierte Vorschriften zur Berechnung der Tragfähigkeit von Holzbauteilen in Abhängigkeit von der Holzqualität, den Dimensionen und den einwirkenden Lasten. Dazu zählen unter anderem die Wind- und Schneelasten, das Eigengewicht der Konstruktion und Nutzlasten. - DIN EN 1991(Eurocode 1) – Einwirkungen auf Tragwerke
Diese Norm beschäftigt sich mit den äußeren Einwirkungen, die auf ein Tragwerk wirken, darunter Schnee-, Wind- und Eigenlasten. Teil 1991-1-3 dieser Norm behandelt insbesondere die Schneelasten, wobei Deutschland in verschiedene Schneelastzonen unterteilt wird. Abhängig von der Region, in der das Gebäude steht, sind unterschiedliche Schneelasten zu berücksichtigen. Teil 1991-1-4 behandelt die Windlasten, die ebenfalls bei der Bemessung des Sparrenabstands eine wichtige Rolle spielen. Auch hier gibt es regionale Unterschiede in den Windlastzonen. - DIN 1052 (alte Fassung, ersetzt durch Eurocode 5)
Diese Norm galt früher für den Holzbau in Deutschland, wurde allerdings durch den Eurocode 5 abgelöst. In älteren Bauprojekten kann sie jedoch noch eine Rolle spielen. Sie behandelte die statische Bemessung von Holzkonstruktionen, insbesondere im Hinblick auf die Tragfähigkeit und den Schutz vor Feuchtigkeit. - DIN 68800 – Holzschutz
Diese Norm legt Anforderungen an den Holzschutz fest. Der Schutz des Holzes vor Feuchtigkeit und Schädlingen beeinflusst die Langlebigkeit und Tragfähigkeit der Konstruktion. - DIN 1055 (alte Fassung, ersetzt durch Eurocode 1) – Lastannahmen für Bauten
Diese Norm legte früher die Lastannahmen für Gebäude fest, einschließlich Schnee-, Wind- und Eigenlasten. Auch sie wurde weitgehend durch den Eurocode 1 abgelöst, bleibt aber bei älteren Gebäuden und Konstruktionen von Bedeutung. - Regelwerke des ZVDH (Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks)
Der ZVDH gibt spezifische Regelwerke und Richtlinien heraus, die sich direkt mit der Dachkonstruktion beschäftigen. Diese Richtlinien enthalten auch Empfehlungen für den Sparrenabstand, abhängig von der Art der Dacheindeckung (zum Beispiel Ziegel, Schiefer, Blech) und den klimatischen Bedingungen.
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